September 2010: Mazowe ist vorbei – Es lebe Mazowe!

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Eine Musikschule mitten in der Wildnis von Simbabwe. Musizieren, singen und tanzen mit mehr als 250 motivierten afrikanischen Salutisten. Stromunterbrüche und Jam Sessions, Wassermangel und Freudentänze, kalte Nächte und laute Töne, dies alles und noch vieles mehr erlebten einige Mitglieder von SwiZimAid auf ihrer jüngsten Reise ins südliche Afrika. Simbabwe auf dem Weg in eine bessere Zukunft? Ein steiniger Weg zwar, ein Weg aber auch, der gesäumt ist mit Musik und Gesang.

«Wie geht es euch heute in Simbabwe?» Das war eine der ersten Fragen, die ich dem Verantwortlichen für Entwicklungsprojekte in der Heilsarmee von Simbabwe, Captain Criswell Chizengeya, stellte, als er mich am Flughafen von Harare abholte. «Nun ja, recht gut», war seine knappe Antwort, und als ich nachhakte: «Doch, doch, eigentlich geht es uns gut. Seit wir den US-Dollar als Währung haben, ist die Inflation weg. In den Läden kann man wieder Nahrungsmittel und Kleider kaufen.» Doch irgendwie schien Criswell von dem, was er sagte, nicht ganz überzeugt zu sein. Wir schauten uns an und Criswell merkte, dass ich an seinen Aussagen zweifelte. Nach einer Weile begann er in seiner gewohnt zurückhaltenden Art mit tiefer Stimme zu reden. Er erzählte, dass es an gewissen Orten zwar wirklich besser sei, hauptsächlich in den grossen Städten. Aber auch dort gehe es noch lange nicht allen Menschen gut. Es gebe dort zwar immer mehr Läden, wo man für US-Dollars praktisch alles kaufen könne, was das Herz begehrt. Nur … kaufen könne man nur, wenn man auch wirklich US-Dollars besitze. Und an die heranzukommen sei nach wie vor nicht einfach. Arbeitsstellen sind auch in der Hauptstadt Harare Mangelware. Die Arbeitslosenquote liegt so um die 80%, vielleicht auch höher. Und wenn man bedenkt, dass in Simbabwe der Durchschnittslohn derjenigen 20%, die Arbeit haben, bei 150 Dollars pro Monat liegt und für eine Dose Cola 1 Dollar bezahlt werden muss (in der Schweiz wäre dies bei einem Durchschnittslohn von 4‘800 Franken für eine Dose Cola 32 Franken), dann kann man vielleicht erahnen, wie gut es Simbabwe wirklich geht. Simbabwe 2010 – ein Land am Anfang des Weges in eine bessere Zukunft! Leider erst am Anfang, würde ich dazu sagen. Aber immerhin schon auf dem Weg, würde Criswell vielleicht beifügen.

Mazowe Territorial School of Music and Gospel Arts

Sonntag, 8. August 2010. Mit jedem Meter der rund 30 km langen Fahrt von der Hauptstadt Harare nach Norden zur Mazowe High School wurde uns immer mehr bewusst, dass wir nun die Zivilisation verliessen und uns der Wildnis näherten. Spätestens dann, als unsere dunkelblauen Uniformen rot waren vom Staub, der durch jede noch so kleine Ritze ins Innere des Autos drang und vor Augen und Kehlen keinen Halt machte, begann jeder von uns sich seine Gedanken darüber zu machen, was uns in den nächsten 6 Tagen wohl erwarten würde. Doch als wir schliesslich von der staubigen Piste abbogen und ins Areal der Mazowe High School, einem Internat der Heilsarmee mit Platz für rund 700 männliche Schüler einfuhren, schien für kurze Zeit die Wildnis rund um uns herum wieder zum Paradies zu werden. Eine wunderbare schmucke Anlage, mitten in Palmen und gepflegten Gartenanlagen, gefüllt mit vielen fröhlichen Salutisten, die uns begrüssten und voller Tatendrang auf den Beginn der Music School warteten. Beinahe im Minutentakt kamen neue Teilnehmer an, und bis zum Nachtessen waren alle da. Etwa 250 Leute waren gekommen, oder besser gesagt waren angemeldet. Tatsächlich waren vielleicht 300 oder 350 da. So genau wusste das niemand. Aber es störte auch niemanden wirklich, mit Ausnahme der Köchinnen vielleicht. Leider hielt sich bei uns die Begeisterung aber bald wieder in Grenzen. Spätestens ab dem Zeitpunkt, an welchem wir unsere Quartiere bezogen. Karge Zimmer in ebenso kargen Hütten. Darin ein einzelnes B(r)ett für zwei Personen. An der Decke eine nackte Glühbirne, an den Wänden krabbelnde Tiere aller Art. In den Nassräumen viel Dreck und Rost, aber vor allem eines: in der Regel kein Wasser. Dabei war nicht der Umstand, dass wir 6 Tage so leben mussten, das Problem, sondern die Vorstellung, dass unsere Gastgeber es 365 Tage pro Jahr tun müssen.

Montag, 9. August 2010. Die erste, sehr kalte Nacht war überstanden. Ein kräftiges Frühstück, eine Prise Sonne und alles sah wieder viel freundlicher aus. Die Music School begann. Unsere erste Aufgabe war … unsere Aufgabe zu definieren. Doch mit der gewohnten afrikanischen Gelassenheit war auch dies kein grösseres Problem. Doctor Maxwell Barson, genannt Doc, und Mike Mtombeni, genannt Bandmaster, versuchten während der ganzen Woche unermüdlich, wenigsten etwas Struktur in das Ganze zu bringen, was ihnen gar nicht mal so schlecht gelang. Und so waren sie sich auch schnell einig, dass wir «neutrale » Schweizer bei den Bläsern die «Trials» durchführen mussten, nämlich die uns vorspielenden Musikanten einer der drei «Bands» A, B oder C zuzuweisen. Eine Aufgabe, die sich so ziemlich den ganzen Tag hinzog. Manch einer musste zwar etwas enttäuscht zur Kenntnis nehmen, dass er nicht in der A-Band spielen durfte, sondern nur im B oder gar C. Seiner Freude, überhaupt hier in der Music School sein zu dürfen, tat dies aber keinen Abbruch. Eine weitere echte Freude für die Teilnehmer war der «Swiss Evening», an welchem sie sich mit einem Film über die Schweiz und einer Präsentation über die Heilsarmee in der Schweiz in eine «fremde Welt» entführen lassen konnten.